Ein unglaublich starkes Lied, ein unglaublich starker Text von Lars Reichow, verbunden mit der Erkenntnis, dass zumindest Teile der Kulturszene hierzulande noch nicht dem friedens-deutschen Intellektualismus à la Precht, Wecker und Schwarzer verfallen sind, sondern dass es nach wie vor Künstler gibt, bei denen der moralische Kompass noch stimmt.
Mich jedenfalls hat vor allem der Prolog dermaßen zu Tränen gerührt, dass ich ein Transkript des Prologs, wie auch des eigentlichen Liedes erstellt habe. Für mich das Beste, was ich in letzter Zeit seitens der deutschen Kleinkunstszene wahrgenommen habe. Ich kann mich mit jedem, wirklich jedem Satz zu 100% identifizieren, insbesondere das Versagen der Regierung Merkel. Möge dieser Text durchdringen und den einen oder anderen wachrütteln!
Hier das Transskript auf deutsch, man sollte den Text auch ins Ukrainische übersetzen.
[Prolog]
„Ich weiß nicht, wie Sie das empfinden, aber ich bin sehr unglücklich, sehr unzufrieden mit der Rolle der deutschen Bundesregierung in diesem Krieg. Die Position im Kanzleramt ist mir zu zögerlich, zu umständlich, zu unentschieden. Es liegt am Kanzler, am schwachen Kanzler, an der Empfindsamkeit der Sozialdemokraten, da ist die Erbärmlichkeit eines Gerhard Schröder noch gar nicht eingepreist. Die Kumpanei mit Putin hatte ihren Preis, das billige Gas ist zu einem Erpressungswerkzeug geworden.
Gleichzeitig sind wir voller Bewunderung für das mutige, tapfere Volk der Ukraine. Präsident Zelenskyi hat alle demokratischen Staaten eindringlich um Unterstützung gebeten. Es gibt in der vernünftigen Welt niemanden mehr, der Täter und Opfer nicht mehr auseinanderhalten kann. Uns hat Zelenskyi gesagt: „Hey, Deutschland! Ihr ruft doch immer nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus und … jetzt können Sie mal den Beweis erbringen“ – und schwupps, waren alle hinter den Büschen! Haben wir schwere Waffen, oder haben wir keine? Oder liefern wir das schwere Kriegsgerät nur an unsere Kunden im Nahen Osten, die Vorzeigedemokratien Ägypten, Saudiarabien?
Die Ukraine hat keine Zeit ein deutsches Waffengenehmigungsausnahmeverfahren mit Arbeitskreisen und Achtsamkeitsseminaren abzuwarten, die werden gerade zerbombt und sie wehren sich brilliant. Der Kriegsverlauf ist eine einzige Schmach für Putin, im Kreml rumort es und wir sehen die ersten feinen Haarrisse im Machtfundament und für einen Sieg braucht es unsere volle, unsere volle Unterstützung. Und wenn es uns einen langen und harten Winter kostet, hier in Deutschland, dann wäre das für mich in Ordnung.
Ich finde es beeindruckend und richtig, mit welcher Klarheit die Grünen in diesem Thema sind. Nordstream 2, was für ein Scheißprojekt, was für ein Scheißprojekt! Und ich frage mich in letzter Zeit: was hat eigentlich Angela Merkel, was hat sie hingekriegt in ihren 16 Jahren? Ich hab sie immer bewundert, ich hab sie gewählt. Ich weiß nicht mehr für was… Das Erstaunliche, das Traurige ist: sie hinterlässt nichts, überhaupt gar nichts! Umweltschutz, Klimaschutz, nichts! Verkehrswende, gar nichts! Digitalisierung, Entbürokratisierung. Bfff! Bundeswehrreform, ein schlechter Witz. Wieviele Milliarden Euro sind denn nun nötig um 500 Leute mit Unterwäsche und einem Gewehr gefechtsbereit zu machen, das darf doch wohl nicht wahr sein! Wir haben 16 Jahre getanzt, wir haben 16 Jahre Walzer getanzt, auf der Stelle.
Und dieser Krieg, diese Invasion, der Mordanschlag auf ein friedliches Volk, dieser verdammte Krieg schafft, dass uns endlich die verklebten Augen aufgehen, das schafft nur ein Krieg! Ist das nicht erbärmlich? Auf einmal steht Europa zusammen, auf einmal können Ungarn und Polen Menschen auf der Flucht anständig behandeln. Auf einmal wird Energie eingespart, Immobilien und Vermögen von reichen Russen beschlagnahmt. Ich liebe das Quieken der Oligarchen, wenn die Jacht im Hafen verplombt wird.
Stellt Euch vor, stellt Euch bitte vor: eines Tage überfällt Euch der Nachbar, er durchbricht den Gartenzaun, er erschlägt die Kinder, er vergewaltigt die Mutter dieser Kinder und schießt auf das Haus. Ihr wehrt Euch, holt Hilfe aus der Nachbarschaft und der Verwandtschaft. Du kämpfst gegen den Feind, dem Du nichts, dem Du nichts getan hast. Und irgendwann im Kampf gegen den Eindringling kommt der Nachbar von der anderen Straßenseite und sagt: „hey, hör mal, ich hab wirklich Angst, dass er die ganze Siedlung zerstört, kannst Du nicht versuchen, einen Kompromiss, einen Kompromiss mit ihm auszuhandeln? Gib ihm ein Viertel von Deinem Garten und Deine Frau, wenn sie ihm doch so gut gefallen hat. Das Trampolin brauchst Du nicht mehr.“ Wie würdet Ihr entscheiden?
Wer macht dem Mörder seiner Kinder ein Friedensangebot?
Die letzten Menschenschinder in der Ukraine, das waren Deutsche, unsere Großväter. Wir haben die Gelegenheit, diese Schande wieder gut zu machen. Jetzt schlägt die Stunde Europas, die Stunde der Demokratie, der Menschlichkeit, der Freundschaft. Die Ukraine muss – MUSS – MUSS diesen Krieg gewinnen!!
Freiheit ist nicht verhandelbar!
[Prolog Ende]
Ist es ein Sieg, wenn Panzer über Grenzen rollen, um friedlich fremde Städte zu beschießen? Ist es ein Sieg, wenn Raketen aus der Luft auf Kinder treffen, die ihr kleines Leben in Freiheit genießen? Ist es ein Sieg, wenn man sein Brudervolk zerbombt? Und die Heimal liegt in Schutt und Scherben. Ist es ein Sieg, wenn im Frühlingsschlamm der Schützengräben so viel junge Menschen versterben?
Wieviel Tränen hat ein Meer, schaut nicht weg, schaut hierher!
Es ist Krieg, wenn man raus muss in den Bunker, weil da kein Haus mehr ist, wo früher mal eins stand. Es ist Krieg, wenn Millionen von Menschen auf der Flucht sind, weil so viel Blut vergossen worden ist, auf ihrem Land. Ob Putins Krieg, weil nur die Sprache der Vernichtung zählt, mit Panzern, Bomben und Granaten. Unser Sieg, wenn tief in uns drin noch etwas brennt, der Anstand, der Demokraten!
Seht Euch diesen Krieg an, kommt der Frieden irgendwann. Wer stillt diesen Schmerz, dieser Krieg zerreißt uns das Herz, dieser Krieg zerreißt uns das Herz