Kanutour auf der Werra, 21.-24.05.2020

Dieses Mal ging es an die einstige deutsch-deutsche Grenze zwischen Thüringen und Hessen. Über Sangerhausen, mit einer Stunde Aufenthalt – die dortige Altstadt ist in höchstem Maße sehenswert – erreichte ich Eisenach, wo ich vier Stunden Zeit hatte. Nach einem kurzem Bummel durch die Innenstadt, machte ich mich auf in Richtung Drachenschlucht. Leider war dank Corona der Weg durch die Schlucht nur in einer Richtung möglich, so dass es hieß: durch die Landgrafenschlucht hoch, über den Höhenrücken zur Hohen Sonne, durch die Drachenschlucht wieder runter. Hier gibt es Passagen mit teilweise nur 60cm Breite. Die Coronaregelung interessierte freilich kaum jemanden und ohnehin war alles voll mit biertrinkenden Männertagsausflüglern.

Am Bahnhof von Eisenach holen mich Olga und Andrej, die zusammen mit den Kindern Niki und Dascha mit dem Auto hergekommen waren, ab. Eigentlich wollten wir in Hörschel einsetzen, wo Felix schon auf uns wartet, aber man rät uns ab. Die Staufstufe von Spichra war abgelassen und somit die Fahrt bis dorthin wenig empfehlenswert. So setzten wir drei Kilometer flussabwärts ein. Die Boote werden aufgepumpt und zusammengebaut und los geht´s. Sehr gemütliches Einpaddeln, gerade mal 5 Kilometer bis Creuzburg, wo wir am Ufer auf der Wiese des dortigen Kanuclubs zelteten, grillten und Lagerfeuer machten. (5km)

Creuzburg sieht von Weitem netter aus, als es tatsächlich ist. 1945 gab es erhebliche Kriegszerstörungen und man sieht es dem Ort an. Hinter Creuzburg beginnt ein spektakulärer, felsiger Abschnitt mit einigen Stromschnellen. Felix war anfangs noch etwas ungeübt mit den Bogenschlägen, aber das spielte sich schnell ein. Bei Mihla erreichten wir die nächste Staustufe, deren Zufahrt völlig zu mit Algen verdreckt war und Umtragen war angesagt. Kurz dahinter passierte es: sowohl ich mit dem Schlauchboot, als auch Olga und Andrej mit ihrem Faltboot setzten an einigen spitzen Steinen auf. Was meinem Schlauchboot überhaupt nichts ausmachte, verursachte beim Faltboot gleich drei Löcher, weshalb es dort sukzessive nass wurde. Also im nächsten Dorf raus, das Boot aufgebockt und die Löcher geflickt. Freundliche Nachbarn gaben uns Schleifpapier und Trinkwasser und zwei Stunden später konnten wir die Fahrt fortsetzen. An ein Ankommen in Treffurt, wie eigentlich geplant, war nicht zu denken, aber es gab einen schönen, aber einfachen Campingplatz am Rand von Falken: Wasser aus dem Tank und eine kalte Dusche. Dafür hatten die Kinder einen Heidenspaß am Froschteich. Gegen Abend regnete es und so war die Stimmung bei Olga und Andrej völlig im Eimer. (21km)

Auch am nächsten Morgen war es kalt, Regen war angesagt. Also brachen Olga und Andrej die Tour ab, während Felix und ich weiterfuhren. Der Regen hörte bald auf und so erreichten wir schnell Treffurt, mit seiner wunderbaren Altstadt. Es gibt unzählige Fachwerkhäuser, ein Fachwerkrathaus mit Turm, eine mittelalterliche Kirche und ganz oben auf dem Hügel, über steile Gassen erreichbar, eine Burg mit toller Burgkneipe und vorzüglicher Küche. Kurz hinter Treffurt besserte sich das Wetter und wir querten mehrfach die thüringisch hessische Grenze. Schockierend vor allem die Geschichte von Großburschla, das auf drei Seiten vom Grenzzaun umschlossen war. Einige Reste sind hier noch vom Wasser aus zu sehen. In dem wunscherschönen Fachwerkdorf Völkershausen legten wir eine kurze Pause ein und besichtigten den dortigen Gutshof, wo der Gutsbesitzer uns einiges über die Gegend und die ehemalige Grenzsituation erzählen konnte. Von hier aus ist es nicht mehr weit bis Wanfried. Das Paddeln ging immer besser und so schafften wir schließlich einen Schnitt von 6 km pro Stunde, und auch auch das Umtragen wurde immer mehr zur Routine. Ab hier war die Werra/Weser früher schiffbar. Am einstigen Hafen muss damals ein geschäftiges Treiben geherrscht haben. Heute gibt es dort einige Speicherhäuser, die gastronomisch genutzt werden. Wir trinken ein Bier und besichtigen den historischen Ortskern. Von Wanfried aus waren es noch sechs Kilometer bis zum Werratalsee, der vom Fluss durch einen Damm getrennt ist. Also: Umtragen und auf dem See wieder einsetzen bis zu einem wirklich tollen Campingplatz, direkt am Ufer. (23km)

Am letzten Tag war eher Sightseeing angesagt: Vom See bis Eschwege sind es nur noch drei Kilometer, wo wir an der Schleuse an Land gingen. Von der Werra aus macht Eschwege einen grandiosen Eindruck. Es gibt ein Wehr, Speicherhäuser und vor allem die etwas heruntergekommene Werravorstadt hält romantische Winkel bereit. Die Altstadt selbst besteht aus hunderten von Fachwerkhäuseren, aber auch einigen Bausünden. Schlimm ist die völlig chaotische und planlose Straßenpflasterung. In Eschwege leisteten wir uns ein reichhaltiges Frühstück im Café Wiener, direkt in der Fußgängerzone. Danach bauten wir das Boot zusammen und machten uns auf den Weg zum Bahnhof. Per Bahn sind es nur wenige Minuten nach Bad Sooden-Allendorf, eine weitere mittelalterliche Perle. Die Stadt besteht aus zwei historischen Siedlungskernen: die mittelalterliche Stadt Allendorf und das Kurviertel Bad Sooden. Die Altstadt von Allendorf dürfte eines der geschlossensten Fachwerkensembles Deutschlands sein. Leider ist die Altstadt relativ leblos, wenig Gastronomie, viele geschlossene Läden. Das Leben spielt sich eher im Kurviertel auf der anderen Talseite ab. Auch dort gibt es großartige Fachwerkhäuser, einen Kurpark und ein großes Gradierwerk. Hier trennen wir uns. Felix musste noch nach Stuttgart, was mit einem kurzfristig gebuchten Sparpreis nach Herrenberg auch angenehm billig war. Ich selbst mit Boot, großem Rucksack, Zelt und Schlafsack zurück nach Berlin, wo ich gegen 22.30 sofort ins Bett fiel.

2 Kommentare zu „Kanutour auf der Werra, 21.-24.05.2020

  1. Schöner Bericht über die Paddeltour auf der Werra. Vor vielen Jahren bin ich diese Strecke auch mal gepaddelt, ich wohnte damals in Kassel und wir starteten von dort.. war so um 1993 rum… mich hat diese Felsenlandschaft hinter Creuzburg auch sehr fasziniert… Jetzt lebe ich wieder in Lüneburg und vermisse manchmal das Mittelgebirge…

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