An diesem Sonntag im Juli 2021 waren erneut einige sowjetische Hinterlassenschaften südlich von Berlin Ziel eines Sonntagsausfluges. Erneut mit meinem Kumpel Philipp.
Dieses Mal gab es ein ehemaliges Stabsgebäude der Offiziere zu sehen: Ein gewaltiger Bau, erbaut Mitte der 30er Jahre, nach dem Krieg im Stalinstil umgestaltet. Hier gibt es einige Landkarten, diverse Tresore, altes Parkett, einen kleinen Kinosaal, einen großen Saal und einen Beobachtungsposten auf dem Dach des Seitenflügels zu sehen. Das Gebäude ist gut zugänglich und wurde schon vor sieben Jahren von einem Investor gekauft, der dort angeblich hochwertige Wohnungen errichten möchte. Bisher ist jedoch wenig davon zu sehen. Dafür sind wir als Urbexer an diesem Tag nicht alleine. Selbst Familien mit Kindern sind hier anzutreffen.
Nicht weit davon entfernt befindet sich auf einem verwilderten Grundstück das alte Lazarettgebäude von 1913, also noch aus preußischer Zeit, das später mehrfach erweitert wurde. Ein schönes altes Gebäude mit zwei Fachwerkgiebeln. Hier war das reinkommen etwas schwieriger, aber immer noch gut machbar. In der Erwartung schöner historischer Säle betreten wir das Gebäude, aber außer langen Gängen mit abblätternder Farbe, Treppnhäusern und einer alten Badewanne ist wenig zu sehen.
Vergleichsweise bekannt und entsprechend gut gesichert ist die einstige Heeressportschule, wie auch das Lazarett bereits aus preußischer Zeit stammend. Hier ist alles verschlossen und der Gebäudekomplex kann nur mit Führungen besucht werden. Dies taten wir zwei Wochen später. Da thematisch passend, wurde dieser Besuch diesem Blogbeitrag hinzugefügt.
Hier steht noch ein alter Lenin vor dem geradezu schlossartig wirkenden Hauptgebäude. Im Inneren finden sich prachtvolle Treppenhäuser, diverse Wandmalereien blieben erhalten und mit etwas Vorsicht kann der Turm hoch über dem Dach bestiegen werden.
Desweiteren gibt es das alte Hallenbad und das Offizierskasino – zu sowjetischer Zeit ein Kinosaal, das einstige Freibad und den Gastro- und Theatertrakt zu sehen. Leider nicht mehr von innen zu besichtigen ist der Rundbau das einstigen Dioramas, das bis 1994 eine monumentale Darstellung der Schlacht um Berlin beinhaltete.
Die Führung „Rund um Lenin“ dauert zwei Stunden und kann nur empfohlen werden. Sie findet im Juli und August jeden Sonntag um zehn Uhr statt und kostet 15 €. Ansonsten auf Voranmeldung. Nähere Infos im Museum in der Bücherstadt Wünsdorf. Hier also nun einige Eindrücke:
Das überraschendste und wohl auch eindrucksvollste Gebäude war die alte Brotfabrik. Aufs Gelände kommt man vergleichsweise einfach, innen rein zu kommen ist etwas tricky. Wir finden ein offenes Fenster in etwa 2 m Höhe, an dem eine Holzpalette lehnt. Ein untrügliches Zeichen auf dem richtigen Dampfer zu sein: Der Fensterrahmen hält und mittels eines Foothooks kommen wir rein und sind direkt in der alten Backstube. Vier riesige Öfen mit Abzugshauben und eine alte Wage sind sichtbar. Über eine Leiter geht es hoch einen den 2. Stock, wo es noch diverse Lüftungsanlagen, einen Mantel und eine alte Konservendose zu sehen gab. Über einen Übergang im ersten Stock ist das einstige Lagergebäude zu erreichen. Als typischer Bau der dreißiger Jahre ist alles in Stahlbeton errichtet. Mächtige Säulen tragen die Decken, das Gebäude ist vier Stockwerke hoch. Auch ein alter Aufzug ist noch zu entdecken. Einige wirklich schöne Graffities, ansonsten sind die Räume weithin unberührt. Im Gegensatz zu den Kasernen ist die Brotfabrik als Ziel für Urbexer bisher offenbar noch nicht sonderlich bekannt. Auf dem selben Weg wie wir reinkamen ging es auch wieder raus. Staubig wie wir waren, lockt nun wahrlich der nahelegene See, wo man sich innen wie außen gut abkühlen kann.